Konzept für eine selbstorganisierte, nachbarschaftliche Unterstützungsstruktur im Jenaer Südviertel
**pdf siehe unten**
Wer sind wir?
Wir sind ein Zusammenschluss solidarischer Menschen, der angesichts der besorgniserregenden Entwicklungen rund um das Corona-Virus eine Unterstützungsstruktur für die Nachbarschaft aufbauen will. Teilweise sind wir im Stadtteilladen Magdelstube und der Initiative für eine demokratische Genossenschaft aktiv. Gemeinsam haben wir ein Konzept entwickelt, das auch über unseren Stadtteil hinaus verbreitet und umgesetzt werden kann.
Der Corona-Ausnahmezustand trifft manche von uns stärker!
Durch die Ausbreitung des Corona-Virus (SARS CoV2) entsteht auch in Deutschland immer mehr ein Ausnahmezustand, der sich auf absehbare Zeit vermutlich nicht wieder auflösen wird. Besonders groß sind die aktuellen Einschränkungen für Menschen aus Risikogruppen (hohes Alter, Immunschwäche, Vorerkrankung), da sie aus Schutz vor einer Infektion die eigene Wohnung nicht verlassen und Kontakt zu anderen Menschen meiden sollten. Durch die Schließung von Kitas und Schulen wird zudem die Betreuung der eigenen Kinder zu einem Herausforderung für alle, die weiterhin arbeiten gehen müssen. Viele prekär Beschäftige stehen aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der kommenden Zeit eventuell ganz ohne Job und Einkommen dar.
In dieser Situation ist daher praktische nachbarschaftliche Solidarität gefragt!
Wir müssen zum Schutz der besonderes gefährdeten Personengruppen beitragen und allen unter dieArme greifen, die in der aktuellen Situation in Not und unter enorme Belastung geraten. Um die Krankheit nicht weiter zu übertragen, kann dies zum einen bedeuten, soziale Kontakte zu meiden,insbesondere, wenn bereits Symptome vorliegen. Darüber hinaus ist es jedoch notwendig innerhalb von Nachbarschaften auch kollektive Handlungsstrategien zu entwickeln, die dem Trend von Hamsterkäufen und individueller Abschottung etwas entgegensetzen.
In diesem Sinne können und sollten wir Folgendes tun:
• Menschen aus Risikogruppen bei Einkäufen und Apothekengängen unterstützen
• Familien, die auf Lohnarbeit angewiesen sind, bei der Kinderbetreuung entlasten
• ansprechbar sein, sowie gesicherte und aktuelle Informationen verbreiten.
Für die Nachbarschaft in Jenas Südviertel haben wir dafür folgendes Konzept entwickelt:
1. Wir verteilen in den kommenden Tagen im ganzen Viertel Aushänge (deutsch/ evntl.
englisch) für Hausflure. Darauf können Hausbewohner*innen selbstständig
Unterstützungsangebote und Kontaktmöglichkeiten hinterlassen. Außerdem werden wir
darin über unsere Unterstützungsstruktur informieren.
2. Wir richten eine zentrale „Support“-Telefonnummer ein (01774748840), über die wir ab Dienstag, dem 17. März täglich von 9:00 – 19:00 erreichbar sind und Unterstützungsanfagen aus der Nachbarschaft entgegennehmen können. Diese werden dann von uns an einen Pool von Unterstützer*innen weitergeleitet bzw. direkt an Personen, die z.B. aufgrund ihres naheliegenden Wohnortes oder ihrer Zeitkapazitäten dafür in Frage kommen.
Alle Menschen, die ihre Hilfe anbieten möchten, können sich per Mail (suedviertelsoli@riseup.net) oder ebenfalls zu den Telefonzeiten bei uns melden und werden in eine Datenbank aufgenommen, die wir über eine Cloud verwalten.
Falls der Bedarf nach weiterem Austausch besteht, werden wir zusätzlich zwei Telegramm- Gruppen einrichten (eine für Kinderbetreuung und eine für Unterstützung von Risikogruppen und Menschen in Quarantäne) in denen sich Supporter*innen untereinander austauschen können.
Im Falle einer Unterstützungsanfrage versuchen wir (d.h. die Schicht-habende Person) über den Supporter*innen-Pool in unserer Datenbank eine Person zu finden, die dann für die kommende Zeit eine Art „Pat*innenschaft“ für die anfragende Person oder Familie übernimmt. So können wir das Ausmaß sozialer Kontakte möglichst gering halten.
3. Wir planen in Absprache mit anderen Initiativen eine weitere „Kontakt“-Telefonnummer einzurichten, über die Menschen, die z.B. aus Verunsicherung oder Einsamkeit aufgrund von Isolation ein Gespräch suchen, mit uns Kontakt aufnehmen können. Auch die zunehmende häusliche Gewalt während der Quarantäne könnte ein Grund sein, diese Nummer zu nutzen. Hierfür gibt es einen Gesprächsleitfaden und eine Liste mit allen Notfallnummern und seriösen Informationsquellen (Gesundheitsamt, Robert-Koch-Institut etc.). Wichtig: Wir stellen selbst keine Diagnosen, geben keine medizinischen Empfehlungen, sondern vermitteln in den meisten Fällen an professionelle Stellen weiter!
4. Im Schaufenster und auf der Internetseite der Magdelstube (www.magdelstube.de) informieren wir über die Unterstützungsstruktur und rufen auch zu dezentraler solidarischer Nachabrschaftshilfe auf. Dort sind auch die Telefonnummern, unsere Email-Adresse, sowie die Einladungslinks für die Unterstützer*innen-Telegrammgruppen zu finden.
5. Desweiteren erstellen wir eine Stadtteil-Telegramm-Gruppe für alle, die sich im Südviertel vernetzen und über möglichen Zeitvertreib während der Quarantäne bzw. dem sozialen Rückzug austauschen wollen.
6. Eine zusätzliche Möglichkeit, Menschen aus dem Stadtteil, die jetzt in finanzielle Notlagen geraten, unter die Arme zu greifen, ist die Einrichtung eines Soli-Fonds. Auch hierüber werden wir in der kommenden Zeit beraten.
Hinweise zur Unterstützung bei Einkäufen (mit dem Gesundheitsamt abgesprochen)
• Handschuhe tragen und vor plus nach dem Einkauf Hände desinfizieren
• Üblichen Hygienebestimmungen einhalten: Husten und Niese in Ellenbeuge, regelmäßiges Händewaschen, Kontakt mit Gesicht vermeiden
• Kein direkter Kontakt mit den Übergabepersonen: den Einkauf nicht übergeben, sondern an einem abgesprochenen Ort hinstellen
• Geld: in einem Umschlag (mit Namen und Summe) entgegennehmen, an der Kasse dann öffnen und Inhalt Kassierer*in geben, Rückgeld und Kassenbon dann zurück in den Umschlag
Hinweise zur Unterstützung bei Kinderbetreuung
• Wir wollen „Pat*innenschaften“ vermitteln und keine selbstorganisierten Kitas schaffen, in denen viele Kinder aufeinmal zusammenkommen. Dies würde dem Prinzip der Kontaktvermeidung widersprechen.
• Unterstützer*innen können uns neben ihren Zeitpazitäten auch Informationen darüber geben, ob sie Erfahrung mit Kinder oder selbst Kinder haben, welche Altersgruppen sie bevorzugt betreuen wollen usw. Das hilft bei der passenden Vermittlung zu den eingehenden Unterstützungsanfragen.
• Bei älteren Kindern, die bereits alleine zuhause sein können, ist es auch möglich, dass eine Person lediglich für den Notfall per Telefon erreichbar ist, während die Eltern/Betreuungsbefugte zur Arbeit gehen.
Information und Konzept als PDF: